1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 
Ein bestimmter Menschenschlag hat das unerfreuliche Talent, alles gleichermaßen mit der grauen Soße Banalität zu überziehen. Ob Dartspiel ("Erst fand ich das total doof, aber dann mußte ich mal mitspielen und das war super. Da sieht man dann auch den Sinn im Üben."), Bibel ("Nein, die ganze Welt wurde damals von Gott geschaffen, mitsamt den Fossilien und allem."), Esoterik ("Ich glaube auch nicht alles, aber da ist schon Gutes dabei, daß einem hilft, bewußter zu leben.") oder Musik ("melodiöse Cluster, die an blablabla erinnern") - es ist dieselbe maue und laue Oberflächlichkeit.

Was ist das für ein Glaube, der die unergründliche Schöpfung auf einen Magier reduziert, der quasi unter Zaubersprüchen die Welt - Simsalabim! - aus einem Zylinderhut hervorzieht. Gewissen Menschen dient Gott als Ersatz für ihr ungestilltes Bedürfnis nach einem zwar strengen, unberechenbaren und mächtigen Vater (wie sie einen hatten), der sie aber liebt (was ihrer nicht erkennen ließ).

Am schlimmsten treibt man es in Esoterikkreisen. Da ist die ganze Welt nur dazu da, damit das Ego Erfahrungen sammelt und ein höherwertiges Karma erreicht. Ob die Erfahrungen des einen Ego für andere Egos gut oder schlecht sind, ist schnurzegal. "Es gibt keine Opfer in Gottes Universum", las ich neulich.

Wenn also jemand mich ermorden will, muß ich um meines (oder seines?) Karma willen einverstanden sein; ich muß mein Schicksal akzeptieren. Wenn ich jemanden umbringe, findet sich bestimmt ein Guru, der mir versichert, daß ich unabänderlich diese Erfahrung machen mußte und mein Opfer sein Schicksal gewählt hat; also bitte kein schlechtes Gewissen.

Und sicher kann so ein Guru mich auch darüber aufklären, daß die Juden in den KZs ihr Schicksal gewählt haben, damals, als Adolf Eichmann ihre Transporte so perfekt organisierte. Eichmann hatte nichts gegen die Juden. Ihm persönlich wäre eine Exilierung (sprich Vertreibung), wie sie bis zur Wannsee-Konferenz 1942 offiziell noch angestrebt wurde, lieber gewesen. "Aber," so könnte er gesagt haben, "die Arbeit als solche hat durchaus Freude bereitet; da schluckt man dann auch mal die eine oder andere bittere Pille." Dieser Ausspruch ist fiktiv, aber die Haltung dahinter nicht: Er, der TÄTER, schluckt eine bittere Pille. Die Opfer - Achselzucken. Opfer?

Buchempfehlung: Hannah Arendt, "Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen", 1963

Auszug aus der Vorrede:
"Die Frage, ob die Juden sich hätten wehren könne oder müssen, die zuerst von dem israelischen Staatsanwalt erhoben und von mir als töricht und grausam bezeichnet wurde, da sie von einer fatalen Unkenntnis der Verhältnisse zeugte, ist bis in die erstaunlichsten Konsequenzen diskutiert worden: die alte historisch-soziologische Konstruktion der 'Getto-Psychologie', die in Israel Eingang in die Geschichtslehrbücher gefunden hat und in Amerika vor allem von dem Psychologen Bruno Bettelheim, allerdings gegen den enragierten Widerspruch des offiziellen amerikanischen Judentums vertreten wird, wurde immer wieder zur Erklärung für ein Verhalten herangezogen, das keineswegs auf das jüdische Volk beschränkt war und also auch nicht aus spezifisch jüdischen Faktoren erklärt werden kann. Bis schließlich jemand, dem das offenbar zu langweilig wurde, auf den genialen Einfall kam, Freudsche Theorien anzuwenden und den Juden einen natürlich unbewußten 'Todeswunsch' anzudichten."

Link zu einem Zitat aus Vita activa oder Vom tätigen Leben
creature meinte am 6. Jun, 19:02:
und wenn sie nicht arbeiten müssen sie shoppen gehen, hoffentlich auch bald sonntags und immer rund um die uhr, wenn nicht, dann fernsehen oder kino oder party machen, ein WAHNSINN...wie hat der mensch die letzten jahrhundertausend bloss ohne dem verbringen können....! 
Dicki antwortete am 6. Jun, 22:01:
du beziehst dich offenbar auf Vita activa. Das Trauma der Eltern (und Großeltern) ist zu den Neurosen der Kinder und Enkel geworden. Aber die Zusammenhänge sind wohl eher komplexer. Als Phänomen ist zu erkennen: Die Menschen entfremden sich ihrer Natur immer mehr. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma

development