1968
aus aller Welt
ballaballa
Beobachtungen in der Natur
charmsing
deutsche kenneweiss
Dicki TV
Dickimerone
Dickis Reisen
die kleine Anekdote
dirty old town
Empfehlung
Erwins Welt
Eugen
in eigener Sache
Java
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
icon

 
1972 hörte ich ihre erste Single "Virginia Plain" nachmittags auf Radio Bremen und fand sie keineswegs besser oder schlechter als das ebenfalls in dieser Radiosendung vorgestellte "School's out" von Alice Cooper. Rückblickend ist letzterer Song musikalisch ein wenig platt, während mit Roxy Music etwas Neues begann. Aber beide brachten die rebellischen Gefühle meiner Pubertät wunderbar herüber: das war bereits Punk, lange bevor man es so nannte. Punk im Sinne von Power, aggressiven und/oder gewitzten Texten und Ungeschliffenheit der Produktion; Schmutz abseits des Hitparadengeschäfts, aber musikalisch gekonnt gemacht.

Während meiner Internetrecherche zu Roxy Music bekam ich Lust, ein paar Jahre weiter rückwärts zu gehen und hörte abends "The Piper at the Gates of Dawn" von Pink Floyd und "The Thoughts of Emerlist Davjack" sowie die Single "America" von The Nice; insbesondere weil ich Lust hatte, auf die Gitarrenarbeit (Syd Barrett/Pink Floyd, Davy O'List/The Nice) zu achten. Nicht etwa, weil sie rhythmisch absolut sattelfest klingen (im Gegensatz zu meinen Versuchen), oder weil sie durch Virtuosität glänzten (da wären viele andere Gitarristen vor diesen beiden zu nennen) - nein, weil beide die Fähigkeit hatten, ihren Gitarren lautmalerisch die seltsamsten Klänge zu entlocken. Bei Syd Barrett wird das Instrument zu einem lebendigen Wesen, das maunzt und jault und quäkt und sich eitel gebärdet ("Take up thy stethoscope and walk"), bei Davy O'List werden die Gitarrentöne zum Bestandteil eines sich rasch ändernden Klangbildes der erwachenden Großstadt ("Dawn").

Am nächsten Tag las ich in einer Biographie, daß eben dieser Davy O'List für ein paar Monate Roxy Music angehörte, bevor die Band in Phil Manzanera den passenden und endgültigen Gitarristen fand. Vielleicht war er technisch bereits einfach zu gut und hatte zu ausgeprägte eigene Vorstellungen von der neuen Musik, die Brian Ferry und Brian Eno kreieren wollten. Mit Andrew Mackay (Oboe und Saxophon, später auch keyboards) hatten sie bereits einen klassisch ausgebildeten Musiker mit eigener Vision in ihren Reihen. Bryan Ferry genügte die Konkurrenz, die ihm Eno und Mackay machten, völlig. Erst nachdem Eno 1973 die Band verlassen hatte, weil er seine musikalischen Vorstellungen nicht gegen Ferry durchsetzen konnte, durften sich Mackay und Manzanera kompositorisch an Songs beteiligen, dafür fiel allerdings die freie Improvisation, die zuvor Teil manches Songs war, weg. Doch an den ersten beiden LPs - "Roxy Music" und "For Your Pleasure" - wirkte Eno noch als Spezialist für elektronische Sounds und ein wenig als Produzent mit.

Von Roxy Music hörte ich erst 1973 wieder, als ein Mitschüler mir die zweite LP vorspielte. Ich war sofort ein Fan der Musik. Das lag an der aufregenden Verbindung von Rockklischees, klassischen Zitaten und elektronischen Soundexperimenten (die hier im Gegensatz zur ersten LP in einen homogenen Gruppensound umgesetzt sind), den gewitzten und anspruchsvollen Texten sowie dem Charisma des Sängers und Komponisten Ferry, dessen bisweilen tuntige Poserei auf einer Welle mit David Bowie, Lou Reed und Queen lag und im Glam-Rock viele Nachahmer fand. Und, verdammt nochmal, die Songs waren unerhört gut!

There's a new sensation
a fabulous creation
a danceable solution
to teenage revolution


Mit diesen Zeilen, von der Band in staccato begleitet, beginnt das Album "For Your Pleasure" und der Song "Do The Strand" (Anmerkungen zum Songtext). Und mit dem Innencover dieser LP endet der erste Teil meines Rückblicks. Im zweiten Teil: mehr über die Musik, den Höhepunkt "Stranded", den Weg in den Mainstream und der Versuch eines Vergleichs mit 10cc.
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma

development