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Der Gardasee!
Wenn man hinabkommt, liegt ein Örtchen am nördlichen Ende des Sees und ist ein kleiner Hafen oder vielmehr Anfahrt daselbst, es heißt Torbole. Die Feigenbäume hatten mich schon den Weg herauf häufig begleitet, und indem ich in das Felsamphitheater hinabstieg, fand ich die ersten Ölbäume voller Oliven. Hier traf ich auch zum erstenmal die weißen kleinen Feigen als gemeine Frucht, welche mir die Gräfin Lanthieri verheißen hatte. Zum erstenmal gibt er hier mit seiner blaublütigen Bekanntschaft an, bisher war er recht umgänglich. Er selbst wurde ja, wie ich erfahren habe, erst vier Jahre zuvor in den Adelsstand erhoben. Doch etwas ganz Anderes beschäftigt mich viel stärker.

In der Abendkühle ging ich spazieren und befinde mich nun wirklich in einem neuen Lande, in einer ganz fremden Umgebung. Die Menschen leben ein nachlässiges Schlaraffenleben: erstlich haben die Türen keine Schlösser, der Wirt aber versichert mir, ich könnte ganz ruhig sein, und wenn alles, was ich bei mir hätte, aus Diamanten bestünde; zweitens sind die Fenster mit Ölpapier statt Glasscheiben geschlossen; drittens fehlt eine höchst notwendige Bequemlichkeit, so daß man dem Naturzustande hier ziemlich nahe kömmt. Als ich den Hausknecht nach einer gewissen Gelegenheit fragte, deutete er in den Hof hinunter. "Qui abasso può servirsi!" Ich fragte: "Dove?" - "Da per tutto, dove vuol!" antwortete er freundlich. Ich reagiere mit leichter Verstopfung, die aber glücklicherweise nicht den Appetit beeinträchtigt.

Es sind keine eigentlichen Forellen, groß, manchmal funfzig Pfund schwer, über den ganzen Körper bis auf den Kopf hinauf punktiert; der Geschmack zwischen Forelle und Lachs, zart und trefflich.
     Mein eigentliches Wohlleben aber ist in Früchten, in Feigen, auch Birnen, welche da wohl köstlich sein müssen, wo schon Zitronen wachsen.


In aller Frühe ging es auf dem See nach Süden zu, solange uns der Wind unterstützte.
Der Gegenwind, der mich gestern in den Hafen von Malcesine trieb, bereitete mir ein gefährliches Abenteuer, welches ich mit gutem Humor überstand und in der Erinnerung lustig finde.

Was war geschehen? Herr Goethe wollte seine Zeichenkünste anwenden und hatte sich dafür einen Turm des baufällig wirkenden Schlößchens erkoren, vermeintlich ein romantisches Motiv. Leute kamen vorbei, man machte ihn auf das Verbotene seines Tuns aufmerksam, wegen des starken venetianischen Dialektes verstand er nicht, man zerriß sein Zeichenblatt und holte schließlich Offizielle herbei.

Der Podestà [...] war ein langer, nicht gerade hagerer Mann von etwa dreißig Jahren. Die stumpfen Züge seines geistlosen Gesichts stimmten ganz zu der langsamen und trüben Weise, womit er seine Fragen hervorbrachte. [...] Als ich jedoch des Amphitheaters zu Verona erwähnte [...], sagte der Aktuarius [...], das möge wohl gelten, denn jenes sei ein weltberühmtes römisches Gebäude, an diesen Türmen aber sein nichts Merkwürdiges, als daß es die Grenze zwischen den Gebieten Venedigs und dem österreichischen Kaiserstaate bezeichne und deshalb nicht ausspioniert werden solle. [...] Kaiser Joseph sei ein unruhiger Herr, der gewiß gegen die Republik Venedig noch Manches Böse im Schilde führe, und ich möchte wohl sein Untertan, ein Abgeordneter sein, um die Grenzen auszuspähen.

Dieser Goethe hatte sich umständlich gerechtfertigt und weitschweifig die Schönheit seines Motivs erläutert: Diese Szene kam mir so lächerlich vor, daß mein guter Mut sich vermehrte und ich ihnen nichts, am wenigsten den Efeu schenkte, der Fels und Gemäuer auf das reichste zu verzieren schon Jahrhunderte Zeit gehabt hatte.

Der Spionage geziehen, machte Herr Goethe schnell klar, woher er stamme; ein deutschkundiger Ansässiger befragte ihn und konnte endlich die Geschichte zum Guten wenden. Nur gut, daß Goethes Italienisch das meine um ein Vielfaches übertrifft. - Wir setzen die Reise am folgenden Tag fort und wollen bald in Verona anlangen.
 

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