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Was bisher geschah: Goethe nimmt am 3. September 1786 die Postkutsche nach Italien und erreicht am 28ten desselben Monats glücklich Venedig, das er eingehend studiert. Ich nutze die Mußestunden, um "Tante Julia und der Kunstschreiber" von Mario Vargas Llosa zu lesen.

Was bisher geschah: Der 18jährige Ich-Erzähler lernt in Lima, Peru, seine 32jährige geschiedene Tante kennen und lieben, sie treffen sich hinter dem Rücken der Familie, halten Händchen und küssen sich. Der Radiosender, bei dem der Erzähler als Nachrichtenredakteur arbeitet, stellt einen in Bolivien gefeierten Hörspielschreiber ein, dessen Serien trotz oder gerade wegen seines Hangs zu Perversionen sehr erfolgreich sind.

Wie es weitergeht: Wegen abfälliger Bemerkungen, etwa, in Argentinien sei es Sitte, die Notdurft notdürftig in einen Eimer neben der Kochstelle zu verrichten, gibt es eine Protestnote des argentinischen Botschafters, und nur der große Erfolg beim Publikum bis hinauf zum Staatspräsidenten kann das drohende Verbot der Hörspielserien abwenden. Zunehmend aber verirren sich Figuren aus einer Serie in eine andere; der Schreiber, gewissermaßen mit dem Erzähler befreundet, gesteht diesem seine Verwirrung und zeitweilige Hilflosigkeit ein. Unterdessen stellt sich heraus, daß die Familie längst von der Romanze weiß und die Eltern verständigt hat, die wutschnaubend nach Lima zurückkehren wollen, um das Paar zu trennen.

Fluchtpläne werden geschmiedet: der Hörspielautor beginnt, seine Figuren in ausgesuchten Katastrophen zu vernichten, um dem Phänomen der "Seelenwanderung" zwischen den verschiedenen Serien zu entkommen; die Liebenden wollen, unter Zuhilfenahme von Betrug und Bestechung, ihr Verhältnis durch Heirat legalisieren, um die Eltern des Erzählers vor unverrückbare Tatsachen zu stellen.

Bei soviel Dramatik kommt mir eine Abwechslung sehr gelegen. Nun endlich kann ich denn auch sagen, daß ich eine Komödie gesehen habe! Sie spielten heut' auf dem Theater St. Lukas "Le Baruffe Chiozzotte", welches allenfalls zu übersetzen wäre: "Die Rauf- und Schreihändel von Chiozza". Die Handelnden sind lauter Seeleute, Einwohner von Chiozza, und ihre Weiber, Schwestern und Töchter. Das gewöhnliche Geschrei dieser Leute im Guten und Bösen, ihre Händel, Heftigkeit, Gutmütigkeit, Plattheit, Witz, Humor und ungezwungene Manieren, alles ist gar brav nachgeahmt. Das Stück ist noch von Goldoni, und da ich erst gestern in jener Gegend war und mir Stimmen und Betragen der See- und Hafenleute noch im Aug' und Ohr wiederschien und widerklang, so machte es gar große Freude [...]. Aber auch so eine Lust habe ich noch nie erlebt, als das Volk laut werden ließ, sich und die Seinigen so natürlich vorstellen zu sehen. Ein Gelächter und ein Gejauchze von Anfang bis Ende.
 

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