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erblickte am 15. Oktober 1905 das Licht der Welt, die er fortan Woche für Woche in der Sonntagsbeilage des New York Herald mit seinen phantastischen Abenteuern beglückte, bis 1912. Sein Schöpfer, Winsor McCay, hatte für dieselbe Zeitung seit 1903 mehrere Cartoonserien gestaltet und begonnen, sich mit Träumen und Traumdeutung zu beschäftigen. Little Nemo in Slumberland sind geträumte Abenteuer, und nur das jeweils letzte Bild, rechts unten auf der Seite, zeigte die Realität. Darin saß der kleine Niemand verschreckt in seinem Bett oder war wieder einmal herausgefallen, meist stand die Mutter - selten einmal der Vater - bei ihm. Die Kommentare der Eltern - zu viel gegessen, zu spät ins Bett, zu viel Aufregung am Tage - unterstrichen in ihrer Phantasielosigkeit die Zauberwelt der Traumbilder. (Beispiel)

Phantasielosigkeit? Eher Desinteresse. Der Junge hatte schlecht geträumt, deshalb geschrien oder geweint, oder war deshalb aus dem Bett gerutscht, nun soll er mal schleunigst wieder einschlafen. Die Frage, was er denn Beunruhigendes geträumt habe, wird nicht gestellt. Vermutlich fand Nemos tägliches Erleben auch nicht mehr Beachtung, er ist eben ein kleiner Niemand.

Die ersten Träume handeln von den erfolglosen Versuchen, nach Slumberland zu der Prinzessin zu gelangen, die nach ihm geschickt hat. McCay verzichtet nach den ersten Episoden auf erklärende Texte und gestaltet die endlich geglückte Ankunft in Slumberland und die vielen Erlebnisse mit der Prinzessin und einigen Freunden als Fortsetzungsgeschichte, unterbrochen nur durch das Erwachen am Ende einer Episode.

In den Träumen thematisiert Nemo seine Ängste; er phantasiert immer wieder Situationen von Verunsicherung und Bedrohung zusammen. Er begegnet wilden Tieren, finsteren Gestalten, wird angegriffen, fällt, geht unter, der Boden unter ihm schwankt, oben wird zu unten, groß zu klein und umgekehrt, erfreuliche Szenen verwandeln sich ins Gegenteil usw. usf. bis er schließlich hilflos in der Klemme sitzt - und gerade noch rechtzeitig erwacht.

Nemo ist im Traum immer ein braver Junge, der allenfalls einmal zu Unfug angestiftet wird, aber nie aus eigenem Willen etwas anstellt. Dafür ist sein alter ego Flip (für Philip) zuständig, der all das tut, was Nemo eventuell gern wollen würde, wenn er es nur dürfte. Beispielsweise hat Flip ständig eine Zigarre im Mundwinkel, eines der Symbole für Erwachsenendasein. Little Nemo ist auf dieser Erzählebene der politisch korrekte Mittelschichtler, zutiefst unsicher, eher der Schicklichkeit als Gesetz und Moral verhaftet.

Ob McCay das auch im Sinn hatte? Oder bot sich diese Darstellung von selbst an, da er - nach eigenem Bekunden - Little Nemo für die Kinder (der Zeitungsleser) zeichnete? Ist der Hintersinn gar nicht beabsichtigt, wollte McCay einfach nur zeichnen und seiner Bildphantasie Ausdruck verleihen? Letzteres ist ihm jedenfalls in manchmal surrealistischen, absurden, psychedelischen Bildern gelungen. Meiner Meinung nach hat er aber auch gewußt, wovon seine Geschichten handeln. Und wer weiß? Sigmund Freud hätte sie vielleicht mit Vergnügen gelesen.
 

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